Dienstag, 30. Mai 2017

Ich flüchte mich.

Von der Arbeit kommend, nehme ich am Schreibtisch Platz um zu schreiben. Bericht. Erstattung der Informationen, verpackt in Wort und Schrift und Bild und Papier, verschriftlicht all das, was sich zugetragen hat, was zu erreichen gewünscht ist. Ich sitze zwischen Blättern, Büchern und Buchstabentasten. Ich flüchte.

Die Wäsche muss getan werden. Einkaufen geht immer. Ein Glas Wein nach dem Essen. Ich kehre zum Schreibtisch zurück.

Ich lese, was ich bisher zur Schrift gebracht habe. Ich zweifle. An mir. An dem, was ich schrieb, was ich sah, was ich dachte, was ich annahm, was ich wünschte, was ich plante, was ich begann, was ich sagte, was ich abschloss. Ich lese. Ich schreibe. Ich stürze abermals in Zweifel. Zu wenig. Zu viel. Zu ungenau. Zu detailliert. Ich trinke einen Schluck Wein.

Musik!

Ich schließe die Bücher. Ich lege die Blätter übereinander und aus meinem Sichtbereich. Ich schreibe mich in die Flucht. Wenn ich mir eine Grube grabe, …

Der Sommer hat zugeschlagen. Die Menschen sitzen mit kühlem Weißwein auf Stühlen auf den Bürgersteigen. Ich sehe sie. Aus meinen Fenstern sehe ich sie. Sie sitzen und trinken und wissen nichts von dem, was sich als Arbeit unaufhörlich auf meinem Schreibtisch aufspielt. Spielt und türmt sich auf, als sollte ich davor einknicken. Nicht nur auf und vor meinem Schreibtisch.

Also krame ich die Blätter wieder hervor, schlage die Bücher an den markierten Stellen auf. Lese und bin unzufrieden. Ich lese und verstehe und weiß und verstehe doch nicht meine Fäden zum Gewebe zu flechten. Die Bücher. Die Notizen. Das Erlebte. Das Alltägliche. Das Große und Kleine, das Leichte und Schwere. Alles verknüpfe ich miteinander und nichts als Knoten bilden sich.

Mich selbst finden, setzt das mir selbst Begegnen voraus.

Ersteindruck. Zweiteindruck. Dritteindruck. Ab wann sagen wir, sind wir einander alte Bekannte?

Hinter den Fenstern die Menschen. Auf Bürgersteigen, an Tischen und auf Bänken. Menschen, denen ich nicht begegnen werde. Weil ich hier am Schreibtisch sitze und mich verflüchtige.  Ich löse mich auf. In Wort und Schrift löse ich mich auf. In Zweifel und Bedenken.


Erwartungen lassen sich wohl am ehesten einreißen, wenn man ihnen nicht entspricht. 

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