Manchmal möchte ich eine bisher
ungesehene Tür aufstoßen. Das Sehen allein genügt dann schon längst nicht mehr
und ich stehe vor dieser - so lange Zeit für mich nicht einsehbaren - Tür, und
ich möchte sie aufstoßen und stoße nicht. Weil mich etwas abhält, etwas zurück-
und meine Hände auf dem eigenen Rücken verschränkt hält. Und ich stehe, und
meine auf dem Rücken weilenden und ungeduldigen Hände wundern sich über die
Augen, die so lange nicht hingesehen hatten, die so lange Zeit immer hinsahen
aber doch die Tür nicht erkannten. Was ist bloß los mit euch?, fragen die
beschränkten Hände die Augen, die höher und zur nun ihnen sichtbaren Tür
hingewandt sind. Was ist bloß los? Ich beobachte nicht ganz teilnahmslos, also
ohne hinzusehen, denn man kann auch mit allem anderen beobachten, ich beobachte
das Gespräch zwischen meinen Augen und meinen auf dem Rücken liegenden Händen.
Was mag ihnen durch den Kopf gehen?, denke ich und muss lachen, weil ich
sogleich begreife, dass sie ja einen gemeinsamen und zwar meinen Kopf haben.
Ja, was geht da hindurch? Während meine Hände so sind und die Augen, und
während wir alle gleichzeitig einzeln
und doch auch gemeinsam sind, was geht da hindurch? Und wer sagt, dass sich
immer nur mit den Augen beobachten ließe, wer sagt denn sowas?
Ich höre, wie mit Pauken und
Trompeten Stimmung gemacht wird. Wie kann ich das Barometer meiner selbst sein?
Wie kann ich meinen Druck und meinen Zustand ermessen? Ihn festlegen und
führen, aufzeichnen und Statistik zur Auswertung werden lassen. Wie mache ich
das nur? Barometer, Barograph, Mikrobarometer, weil auch die kleinsten und die
noch längst kleineren als die Kleinsten es schon sein können, weil auch diese
meine Zustände von mir wahrgenommen werden und vermessen werden möchten. Um
handlungsfähig zu bleiben. In mir. In der Umwelt. Für mich, also meiner Umwelt
auch zuliebe. Wenn also meine Gefühlslagen nichts als Druckverhältnisse wären,
wie könnte ich mir Barometer und all die Folgedinge sein? Und ich möchte eine
Graphik, eine Linie, eine Zitterlinie, hoch und runter, rings und quer, eine
Verzeichnung zwischen den Koordinaten der Messbarkeit. Ja. Ich möchte klare
Sichtverhältnisse.
Ich könnte mich auch in so einen
Glaskörper verwandeln. Weit davon entfernt bin ich kaum. Durchsichtig,
zerbrechlich, Flüssigkeit haltend, nach Bedarf abgebend, bis zu einem
bestimmten Grad erhitzbar, auch zur Unterkühlung der Inhaltsstoffe geeignet. Ich
werde also Glaskörper und gebe meinen Flüssigkeitshaushalt preis. Das Schwelgen
und Köcheln, das Gerinnen und Tropfen. Usw. Usw.
Du verlierst die Tür aus den Augen!,
sagen die Hände.
Ja. Die Tür. Noch immer nicht
aufgestoßen. Eine, die ich kenne sagt noch, sie habe so viele Dinge im Kopf und
deswegen komme sie nicht zu den Dingen. Ich habe sie das sagen gehört und
überlegt, welche Dinge sie im Kopf habe, zu denen sie aber nicht komme. Und wie
sie das dann anstellen könnte. Mit den Dingen. Und auch mit ihrem Kopf. Und ich
sehe die Tür, wie die Augen eben sagen, dass sie sehen und ich fühle die Hände
auf dem Rücken, die Ungeduld nicht mehr aushalten. Sie zucken und reißen
auseinander, reißen, einen Luftstrom und einen Luftwirbel bildend nach vorn,
reißen hin zur Tür, die so aussieht, wie meine Augen anmelden, dass sie
aussieht. Und die Dinge im Kopf, zu denen werde ich auch nicht kommen, also
darf ich diese Tür nicht im Kopf haben, nicht länger im Kopf halten, denn meine
Hände können ungemütlich werden. Ungemütliche Greife und Reißer sind sie, wenn
sie in den Zustand geraten, in den sie immer geraten, wenn sie nicht zu fassen
bekommen, was sie fassen möchte. Unguthände. Und diese Hände könnten Köpfe
abreißen, denke ich mir und stelle mir den Luftstrom und –wirbel vor, den das
verursachen würde.
Ich stelle mir das vor und fürchte,
durch das Reißen diesen Wirbel im Kleinen zu entfachen, ihn wirbelnd um sich
selbst von sich selbst an Größe dazu gewinnend, diesen Wirbel, der zwirbelt und
strudelt bis er groß geworden sein wird, und dann würde er so sehr um sich
selbst zwirbeln, dass er sich ganz verwirbeln und damit sich selbst
verschlucken würde. Schwarzes Loch. Das wäre, was bliebe. Ein schwarzes Loch.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Umgang mit Kontaktdaten
Nehmen Sie mit mir als Bloggerin durch das angebotene Kommentarformular Verbindung auf, werden Ihre Angaben gespeichert, damit auf diese zur Bearbeitung und Beantwortung zurückgegriffen werden kann.
Kommentare können auf Anfrage von mir gelöscht werden.